Ihr habt euch entschieden, eine Langzeitreise mit euren schulpflichtigen Kindern zu unternehmen? Oder stellt Euch gerade die Frage, wie das mit dem Lernen auf Reisen funktionieren soll? Dann seid ihr hier richtig – wir berichten von unseren gemeinsamen Lern-Erfahrungen während einer Weltreise mit Kindern!
Oder ihr seid euch noch nicht sicher, ob eine Weltreise mit schulpflichtigen Kindern wirklich das richtige für euch ist und wollt erst einmal mehr über dieses Thema erfahren? Dann schaut euch auch unsere Blogbeiträge zum Thema „Die Entscheidung – Weltreise mit Kindern“ und alles rund um unseren Weg zur „Schulbeurlaubung“ an.
Und natürlich sind auch alle anderen, die keine Langzeitreise mit Kindern planen, sondern einfach nur mal hören wollen, wie es mit dem Lernen auf Reisen so klappt, herzlich eingeladen, unseren Weg zu verfolgen!
Unsere Situation
Wir sind seit Februar 2020 auf „Weltreise mit unseren Kindern“. Unsere ersten 6 Monate auf Weltreise, inklusive unserer Entwicklung und Einstellung zum Thema „Lernen“ haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst.
Unsere Kinder waren zum Start der Reise elf Jahre (5. Klasse) und acht Jahre (2. Klasse) alt. Grundsätzlich war geplant, dass unser Achtjähriger im Februar 2021 wieder in seine alte Klasse gehen kann, sprich dann in die 3. Klasse. Somit haben wir die Lerninhalte mit seiner Klassenlehrerin besprochen und achteten darauf, dass Julian die relevanten Themen verstand. Unser elfjähriger Sohn sollte danach wieder in die 5. Klasse gehen (Gymnasium). So stand bei ihm eher das Festigen des bereits gelernten Schulmaterials im Vordergrund beim Lernen auf Reisen.
Nachtrag: Ende 2020 haben wir uns dann dazu entschieden, unsere Reise auf unbestimmte Zeit weiterzuführen. Wir meldeten unseren Wohnsitz in Deutschland ab. Die Kinder haben daher keine Schulpflicht mehr und wir bilden uns über unser „flexibles Travelschooling“ gemeinsam weiter.
Homeschooler oder Freilerner? Modelle zum Lernen auf Reisen
Beim Homeschooling lernen Kinder zu Hause oder auf Reisen einen vorgegebenen Lerninhalt.
Doch was ist „Freilernen“? Ehrlich gesagt ist die Definition für mich gar nicht so eindeutig. Beim Freilernen geht es um selbstorganisiertes Lernen. Keine feste Vorgabe eines Lerninhaltes der JETZT gelernt werden muss. Kinder sollen sich vielmehr mit den Themen auseinandersetzen, die sie aktuell interessieren. Dieses Freilernen oder Unschooling, wie es im Englischen heißt, hört sich erstmal wie Musik in meinen Ohren an. Ich sehe Kinder, die voller Eifer ein Referat über den Klimawandel schreiben. Aber die ersten Bedenken kommen sofort: Freiwillig wird doch nie im Leben deutsche Grammatik gelernt, oder? Allerdings: müssen meine Kinder denn wirklich wissen, wie die Satzteile heißen? Immerhin bilden sie ja grammatikalisch richtige Sätze! Aber was ist mit der Zeichensetzung? Und Mathe? Und auf lange Sicht: irgendwann brauchen sie doch einen Schulabschluss??
Ihr merkt, wir kommen aus dem klassischen Schulsystem und sowohl wir als Eltern als auch unsere Kinder haben uns immer wohl in diesem gefühlt. Im Gegenteil! Wir vier sind immer alle gerne zur Schule gegangen und hatten nie einen fiesen Lehrer oder extreme Probleme mit dem Schulstoff. Denken wir an die Schule, denken wir an unsere Freunde. Wir sind also eine klassische „Schulsystem Familie“, die jedoch einen Schwerpunkt auf das Reisen legen möchte, und sich damit zwangsläufig intensiv mit Lernen auf Reisen beschäftigen muss!
1:1 Betreuung auf Reisen
Lernen mit unseren Kindern während unserer Weltreise sollte nicht wie die Buchung eines Pauschalurlaubes über das Reisebüro ablaufen. Sondern selbstverständlich individuell auf das Kind abgestimmt werden!
Ihr werdet hier keinen Leitfaden zum optimalen Lernen mit euren Kindern finden. Wir sind keine Pädagogen und wir passen auch unsere Lernmethoden immer wieder an. Durch die 1:1 Betreuung unserer Kinder haben wir die Möglichkeit, auf die jeweiligen Bedürfnisse individuell einzugehen. Wir müssen nicht strikt einen festgelegten Lernplan abarbeiten.
Wir hoffen jedoch sehr, dass unsere Erfahrungen euch dabei helfen, euren „Homeschooling-Weg“ zu finden! Unglaublich inspirierend ist die Homepage der Familie „5 Reicherts“. Ihr findet dort Erfahrungsberichte einer reisenden und lernenden Familie mit vielen tollen Tipps!
Wenn ihr euch intensiver mit den Lernprozessen beschäftigen möchtet, kann ich euch das Buch „Das neue Lernen heißt verstehen (Amazon-Link)*“ uneingeschränkt empfehlen!
Meiner Meinung nach eine Pflichtlektüre für alle, die im Thema Homeschooling oder Freilernen starten. Hilft ungemein, die Lernprozesse im Gehirn zu verstehen und somit geeignete Lernmethoden zu wählen.
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Der passende Schulabschluss
Die große Hürde zum Traumjob: Der passende Schulabschluss. Jeder, der schon einen Bewerbungsprozess hinter sich hat, weiß, dass alle Bildung nichts hilft, wenn ich das nicht irgendwie belegen kann. Und dies wird nun mal in Noten anhand von Zeugnissen und dem Schulabschluss nachgewiesen. In der Theorie – denn wir wissen alle, dass wir viel mehr Wissen vorhalten, als das Zeugnis belegt und auch, dass wir den Großteil des Schulstoffes viel zu schnell wieder vergessen haben – der Schulabschluss bleibt zum Glück trotzdem.
Was soll nun also aus Kindern werden, welche die Schule nicht besuchen? Nun ja, das ist an sich ganz einfach: Als Externer kann jeder einen Schulabschluss in Deutschland machen. Wie das funktionieren kann, könnt ihr hier bei den 5reicherts nachlesen. In diesem Blogbeitrag erzählt Esra über seinen Weg zum Abitur, und auch seine Schwester Amy gibt hier einen tollen Einblick in das freie Lernen und berichtet von ihrer Abiturprüfung.
Selbstverständlich wird für den externen Schulabschluss eine gehörige Portion Eigeninitiative benötigt!
Unser aktuelles "Lernen auf Reisen"
Wir erarbeiten Lerninhalte mit unseren Kindern in einer Mischung aus Homeschooling, Freilernen und Projektarbeiten.
Dies hängt natürlich auch immer davon ab, wie unsere Reise aktuell verläuft. Haben wir einen ganzen Tag lang Tempel besichtigt oder eine Wanderung durch einen Nationalpark unternommen, bleiben Lernhefte und -Apps geschlossen. Denn wir sind überzeugt: Reisen bildet! Dazu jedoch unten mehr.
Wie im Artikel zur Schulbeurlaubung für unsere Kinder beschrieben, haben wir uns im Vorfeld mit dem hessischen Lehrplan auseinandergesetzt. Für unsere Kinder haben wir in digitaler Form (abfotografiert und in der Dropbox gespeichert) die relevanten Schulbücher und Hefte abfotografiert. Unterwegs können dann zum Beispiel englische Lernübungen mündlich besprochen werden, Deutschtexte auf dem iPad gelesen und Matheübungen schriftlich auf dem Block durchgeführt werden.
Je nach aktueller Lernbereitschaft der Kinder erfolgt das Lernen auf Reisen (meist phasenweise) über das Arbeiten in den Schulbüchern oder an gemeinsamen Projekten. Für ihre Projekte suchen die Kinder sich alleine ein Thema aus (z.B. Olchis, unser Wohnort, Kochen) und dazu recherchieren sie, erstellen Präsentationen und basteln. Wir sind als Ansprechpartner dabei, helfen und hinterfragen. Am Ende der Woche präsentieren die Kinder uns dann ihre Ergebnisse.
Digitale Medien beim Lernen auf Reisen
Für uns sind digitale Medien ein sehr wichtiger Bestandteil im Homeschooling. Mark und ich arbeiten selbst beide online (unser Reiseblog und www.geldanlage-checker.de). Somit ist es für die Kinder ein gewohntes Bild, dass unsere Köpfe nicht in einem Büro, sondern am Schreibtisch (Esstisch, Couchtisch…) hinter dem Laptop verschwinden. Außerdem bilden wir selbst uns viel über Onlinekurse weiter. Die Kinder sehen den Laptop somit von Anfang an als „Lernmedium“.
Wir nutzen Erklärvideos, um neue Sachverhalte zu lernen und verschiedene Apps, um Lerninhalte zu üben und zu festigen. In diesem Artikel „Lern Apps für Kinder“ haben wir euch unsere Lieblings Apps zusammengestellt.
Während ihrer Projektzeit nutzen die Kinder auch gerne die Office-Tools, erstellen Power Point Präsentationen oder schreiben Geschichten auf Word. So lernen sie ganz nebenbei den sicheren Umgang mit Office.
Viel lesen!!
Im Vorfeld haben wir ja, wie erwähnt, mit den Lehrern besprochen, welche Lerninhalte die Kinder beim Lernen auf der Langzeitreise im Rahmen des Homeschoolings vermittelt bekommen sollen. Ganz klar haben alle Lehrer immer wieder betont, wie wichtig das Lesen ist!
Ich bin ein absoluter Bücherwurm, lese selbst sehr viel und zu unserem Abendritual gehört es immer noch, dass ich den Kindern etwas vorlese. Phasenweise lesen die Kinder auch sehr viel, manchmal lesen sie kaum. Wir versuchen auch hier ohne Druck vorzugehen und meist ist die Lösung sehr einfach: wenn abends kein Hörbuch gehört werden darf (weil zu spät oder ähnliches), dann packen beide ihre Kindles (Amazon-Link)* aus. Und während wir in Vietnam waren, hat Jonas den ersten und zweiten Harry Potter Band verschlungen. Kommt also auch immer auf die Lektüre an.
Wirtschaftliche, politische und finanzielle Bildung
Was uns in der Schule immer sehr gefehlt hat, ist die politische, wirtschaftliche und finanzielle Bildung. Auch während der Schulzeit der Kinder haben wir immer darauf geachtet, dass wir diese Bereiche selbst abdecken.
So gehört es zu unserem Abendritual, dass wir gemeinsam die Kindernachrichten „Logo“ schauen. Wir diskutieren am Tisch (vor und mit den Kindern) über politische Themen und erklären wirtschaftliche Zusammenhänge. Mark verdient unser Reisegeld über Börsengeschäfte, dieses Anlage-Wissen teilt er in einem Kurs über „Finanzielle Bildung“. Uns ist wichtig, dass wir unseren Kindern von Anfang an die Zusammenhänge zwischen Finanzen, Politik und Wirtschaft klarmachen können.
Schon als Sechsjähriger lief Jonas über den Parkplatz, schaute nach BMWs und erklärte „Ich habe deren Aktien!“. Und nun mit 11 schaut er sich Börsenkurse an und diskutiert mit seinem Papa, welche Aktien von der aktuellen wirtschaftlichen Lage profitieren könnten. Klar, ganz so krass muss es bei euch nicht zugehen. Aber ihr habt sicher auch Bereiche, die euch im Schulalltag zu kurz kommen. Vielleicht ist es bei euch die Ernährung, handwerkliche Dinge, Umweltschutz oder Sport.
Tipp: Interessiert euch das Thema „Finanzielle Bildung für Kinder?“ – auf der Homepage der Bundesbank gibt es Erklärvideos und auch Kinderbücher, die ihr bestellen könnt. Und wohnt ihr in der Nähe von Frankfurt am Main? Dann besucht doch mal das Geldmuseum!
Reisen bildet!
Es gibt tolle Bücher über die römische Geschichte. Viel greifbarer wird die römische Geschichte jedoch, wenn ihr Ausgrabungsstätten besucht, die Porta Nigra in Trier bestaunt und im Kolosseum den Geschichten der Gladiatoren lauscht (unsere römischen Reiseziele findet ihr hier). Dieses Wort „Kalter Krieg“ bekommt Bedeutung, wenn ihr das Stevnsfort Museum in Dänemark besucht, durch den Bunker lauft und vor den Kriegsmaschinen steht. Und plötzlich müsst ihr am Frankfurter Flughafen auch am Luftbrückendenkmal stehen bleiben, denn „Da war doch was mit dem Kalten Krieg?!“. Geschichtliche Dinge erschließen sich viel besser, wenn ihr diese Bauwerke vor Augen habt – aus unserer Sicht der einfachste Weg, um auf Reisen zu lernen. Wenn eure Kinder zwischen den Flugzeugen umherlaufen können und ihr die Geschichten von den „Rosinenbombern“ dort erzählt.
Kommunismus war für mich tatsächlich auch so ein Begriff, den ich erst richtig verstanden habe, als wir das kommunistische Vietnam besucht haben. Die Bauwerke, die so ganz anders aussehen. Die Regeln, die Aufsicht, die Denkweise.
Wir sind durch den protzigen Petersdom im Vatikan gelaufen und haben Mönche in Thailand beobachtet. Die Unterschiede der einzelnen Länder gespürt: Ackerbau in Deutschland und Feldarbeit in Laos. Unsere Kinder bekommen während des Reisens ein ganz anderes Gefühl für unsere westliche Welt. Für unseren Reichtum. Und wir sind uns ganz sicher: Diese Lehrstunden, die sie erleben – die werden bleiben!
Ganz klar sei aber auch hier gesagt: dies ist unser Weg! Definitiv nicht der ultimativ richtige Weg für alle, sondern für uns. Wir sagen nicht, dass ihr in ferne Länder reisen müsst, um andere Kulturen kennenzulernen. Ihr müsst eure Kinder nicht aus der Schule nehmen und eine Weltreise unternehmen. Auch im normalen Alltag werden Kinder zu weltoffenen Menschen. Ihr könnt über die Dinge, die in der Welt geschehen, sprechen (über die Corona-Klopapier-Krise sind wir dazu gekommen, mit unseren Kindern das Thema „Planwirtschaft“ zu besprechen), Ausflugsziele in der Umgebung erkunden und das Museum in der nächsten Stadt besuchen.
Wir hoffen sehr, dass euch unser Beitrag zum Thema Lernen auf Reisen, Homeschooling oder Travelschooling (je nachdem, wie ihr es nennen wollt) weitergeholfen hat. Ihr seid herzlich eingeladen, uns bei Facebook und Instagram zu folgen, dort geben wir in den Stories auch immer wieder Einblicke in unseren Lernalltag!
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Vielen Dank für eure sehr informativen Webseiten und die vielen nützlichen Links! Ich habe gerade für meine Kinder bei der Bundesbank Infomaterialen bestellt 🙂
Hey Fabian, Danke für dein Feedback! Freut uns sehr, dass wir helfen konnten. Viel Spaß beim Lernen, liebe Grüße Jenni
Habt ihr Kindergeld erhalten für die Zeit der Reise?
Hallo Anna! Am Anfang der Reise haben wir Kindergeld erhalten, mittlerweile nicht mehr. Grob gesagt: Kindergeld ist eine Steuervergütung, wer in Deutschland steuerpflichtig ist und den gewöhnlichen Aufenthalt dort hat, kann Kindergeld bekommen. Ich würde empfehlen euren Fall mit der Familienkasse zu besprechen, aber die Antwort solltest du dir schriftlich geben lassen. Ich habe dort erstmal eine Falschauskunft erhalten… Liebe Grüße Jenni
Hallo Jenni, wie schön es ist, an euerem Abenteuer dran teilhaben zu dürfen! Wir waren letztes Jahr in Costa Rica mit Handgepäck (ok, und noch eine Tasche mit Schnorchelzeug u.u.u ) unterwegs – habe mich von eueren Erfahrungen inspiriert – die Reaktion meines Mannes war „Was? Wie soll das funktionieren? Das geht nie!“ Es hat SUPER geklappt ;0))
Wir planen dieses Jahr auch eine (Welt)Reise, für ein Jahr oder länger…Wir wollen uns aus DE abmelden. Davor wollen wir ein Konto bei der Bank z.B. DKB eröffnen und auch eine Krankenversicherung f Zeitreisende abschliessen. Würde das gehen? Die Bank würde dann irgendwann mitkriegen, dass wir nicht im Inland sind. Wie funkt das? Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht? Liebe Grüße Miri
Hallo Miri, freut mich total, dass wir euch zur Handgepäckreise inspirieren konnten! Wow, da habt ihr ja eine spannende Zeit vor euch. Wichtig ist, dass ihr alle Verträge abschließt, so lange ihr noch eine Meldeadresse (und Job;)) habt und in Deutschland seid. Außerdem solltet ihr idealerweise jemanden in Deutschland haben, der eure Post entgegennimmt, abfotografiert und euch schickt. Ich schreib dir eine Email, dann können wir uns dazu gern noch intensiver austauschen. Liebe Grüße Jenni